Endodontologie ist die Lehre vom Zahninneren. Sie widmet sich den Erkrankungen des Wurzelspitzengewebes sowie des Pulpa-Dentin-Komplexes. Die Pulpa setzt sich aus Zahnmark, Lymphgefäßen, Bindegewebe, Nerven und Blut zusammen. Entzündungen an der Pulpa sind irreversibel. Der Zahn kann die Keime im Inneren nicht eigenständig bekämpfen da ein internes Lymphabflusssystem fehlt. Eine Entzündung im Inneren des Zahns ist begleitet von unangenehmen Schmerzen. Breiten sich die Bakterien weiter aus, reagiert der Körper mit Folgesymptomen am ganzen Körper.

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Bild: Uwemuell / Wikimedia Commons

Die Wurzelkanalbehandlung – umgangssprachlich oft als Wurzelbehandlung bezeichnet – ist der am häufigsten durchgeführte endodontologische Eingriff. Ziel der Behandlung ist es den Zahn zu erhalten, wenn ein Zahnnerv entzündet oder bereits abgestorben ist. Wenn wiederholte Wurzelkanalbehandlungen keine Besserung im Krankheitsverlauf bringen, erfolgen die chirurgische Wurzelspritzenresektion oder eine Zahnextraktion.

Krankheitsverlauf

Die Entzündung im Zahninneren kann durch eine fehlerhafte zahnärztliche Behandlung oder einen Unfall mit Zahnschaden entstehen. Die meisten Wurzelerkrankungen beginnen jedoch mit Karies – Bakterien, die sich über die Zeit bis in das Zahnmark gefressen haben. Das umliegende Gewebe entzündet sich und drückt zusätzlich auf den Zahnnerv. Die Schmerzen werden schnell stärker. Ignoriert man das körpereigene Warnsystem und scheut weiterhin den Gang zum Zahnarzt, breiten sich die Keime weiter im Mund aus. Die Zahnwurzel vereitert, Bakterien können auf den Kieferknochen übergehen und lassen die Backe anschwellen. Spätestens jetzt kann die Entzündung andere Körperorgane erreichen und sollte dringend vom Arzt behandelt werden.

Diagnose

Die Diagnose umfasst eine Dokumentation des Schmerzverlaufs, das Abklopfen der Zähne, die Untersuchung des Zahnfleisches und dem Sensibilitätstest. Hierfür setzt der Arzt die Zähne einem Kältereiz aus. Ein abgestorbener Zahnnerv reagiert nicht mehr auf die Kälte – ein gesunder oder entzündeter Zahn reagiert mit Schmerz. Die Schmerzreaktion von einem entzündeten Nerv ist jedoch heftiger und von längerer Dauer. Zusätzlich wird ein Röntgenbild angefertigt. Entzündungsherde und abgestorbene Nerven können damit genau visualisiert und lokalisiert werden.

Behandlungsablauf

Eine Wurzelkanalbehandlung benötigt in der Regel mehrere Sitzungen. Nach der lokalen Betäubung wird der Zahn zunächst aufgebohrt und gereinigt. Der Arzt entfernt alles, was sich noch entzünden könnte. Dazu gehören Mark, Nerv und umliegendes Gewebe. Anschließend geht es an das Innere der Wurzelkanäle. Die Kanäle sind manchmal stark gekrümmt und verkomplizieren den Eingriff. Der Arzt verwendet jetzt winzige, biegsame Feilen sowie Röntgenbilder und ein Mikroskop als Orientierungshilfen. Ist ein Kanal ausgefeilt und sauber, wird er mehrmals mit desinfizierenden Lösungen behandelt. Die Prozedur wird wiederholt, bis der komplette Zahn frei von Keimen ist. Übersieht der Zahnarzt einen geringen Teil, kann die Entzündung erneut aufkeimen. Der Zahn wird nach dem Eingriff nicht gleich permanent versiegelt. Ein Provisorium mit medikamentösen Einlagen schützt den Zahn bis zur nächsten Sitzung und vermeidet das neue Eintreten von Keimen. In der Regel warten Ärzte bis zu sechs Wochen lang ab, ob das Schmerzgefühl zurückkehrt. Ein Anzeichen dafür die Prozedur zu wiederholen. Ist das nicht der Fall, wird der Zahn mit verschiedenen Materialien wie zum Beispiel Gummistiften, Kunststoff, Füllpaste und Zement permanent verschlossen.

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Bild: Jeremykemp / CC BY-SA 3.0

Erfolgsaussichten

Behandlungen am Wurzelkanal sind schwierige Eingriffe. Sie erfordern Erfahrung, Fingerspitzengefühl, die notwendige Technik sowie viel Geduld und Zeit. Eine Erfolgsgarantie gibt es nicht – der Behandlungsverlauf hängt vom Schaden am Zahn, der Widerstandsfähigkeit der Wurzel sowie den Fähigkeiten des Arztes ab. Die Wurzel oder Zahnkrone kann zum Beispiel während der Behandlung brechen. In jedem Fall stirbt der Zahn ab – der Eingriff zerstört die Blutversorgung zum Körper. Der Zahn wird dadurch schneller brüchig und verfärbt sich mit der Zeit grau. Die Behandlung bedarf mehrere Eingriffe und regelmäßige, jahrelange Kontrolltermine. Aus diesem Grund sollten bei der Praxiswahl in jedem Fall lange Anfahrtswege vermieden und ein lokaler Arzt gewählt werden. Nach einer erfolgreichen Therapie bleibt ein wurzelbehandelter Zahn viele weitere Jahre erhalten und leistet zuverlässige Dienste.

Kosten

Die Kosten der Behandlung variieren stark nach Aufwand, verwendetem Material und Technik sowie Anzahl der Sitzungen. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für eine Standard-Wurzelkanalbehandlung. Nicht übernommen werden Kosten für Behandlungen, deren Erfolg ungewiss ist. Für Behandlungen bei Backenzähnen gelten besondere Richtlinien. Die Praxis rechnet bewilligte Leistungen direkt mit der Krankenkasse ab. Zusätzliche Leistungen muss der Patient selbst begleichen. Dazu gehören zum Beispiel der Einsatz des Mikroskops, experimentelle Behandlungsmethoden oder teure Füllungen. Der behandelnde Arzt kann genaue Auskunft darüber geben, welche Maßnahmen als Zusatzleistung gewertet werden und erstellt vor Behandlung einen Kostenvoranschlag.